Der Patient als eigener Therapeut

Feb 1

Der Mensch hat einen großen Teil seiner Schmerzfreiheit selbst im Griff

Wer kennt es nicht. Mal zwickt es hier, mal zwackt es da. Aber wenn ein Zwicken dann doch einmal länger dauert und vielleicht doch etwas mehr weh tut, als einem lieb ist, Bewegungen und alltägliche Aufgaben beeinträchtigt werden, dann bekommen es nicht wenige Menschen mit der Angst zu tun.

Meistens hat der Betroffene nur ein ungenaues Bild der eigenen menschlichen Anatomie im Kopf und weiß gar nicht so recht, was da eigentlich überhaupt weh tut und woher es kommt. Wozu auch? Wer beruflich nicht mit dem Skelettsystem zu tun hat benötigt ja auch selten Begriffe wie „Rotatorenmanschette“, „Bursitis“ oder „Kanalspinalstenose“.

Dass Wissen aber auch im Kampf gegen muskuloskelettale Beschwerden Macht ist und einem eine gehörige Portion Selbstvertrauen und Sicherheit geben kann, was unabdingbar ist in der Prävention und Therapie, ist eine noch wenig verbreitete Ansicht. Man sollte das „Monster“ kennen und ihm in die Augen blicken, dann verliert es an Schrecken.

Deswegen meine Regel Nr. 1:

„Informieren Sie sich online oder mit Fachliteratur über das betroffene Gelenk, bzw. die Körperregion, also die beteiligten Knochen, Muskeln, Sehnen, Bänder. Definitionen der häufigsten Erkrankungen und deren Symptome geben oft schon ein Indiz wo die Probleme liegen könnten, welche die Ursachen dafür sind und man erhält häufig hilfreiche Tipps, wie man sie heilt.“

Parallel dazu und vor allem bei anhaltenden Beschwerden sollte natürlich der Gang zum Mediziner oder Heilpraktiker folgen. Keine Scheu, auch bei intimeren oder vermeintlich peinlichen Problemen! Der Therapeut hat erstens schon alles gesehen und zweitens steht ihre Gesundheit an erster Stelle.

Oft folgt die Überweisung zu einem weiteren Spezialisten oder zur MRT (Magnetresonanztomographie), die dann weitere Aufschlüsse über eine ggf. zu Grunde liegende Erkrankung geben soll.

Die eigentliche Therapie kann dann vom Arzt selbst erfolgen oder aber von einem Physiotherapeut, Osteopathen, Chiropraktiker und anderen Therapeuten.

Jene können aber nur bedingt in Sie hineinsehen und -fühlen, deswegen meine 2. so wichtige Regel:

„Arbeiten Sie unaufhörlich daran – während der Therapie, aber auch außerhalb im Alltag – Ihr eigenes Körpergefühl, Ihr Körperbewusstsein zu entwickeln und zu verbessern. Beobachten Sie Ihren Körper. Achten Sie auf Ihre Körperhaltung, analysieren Sie die Art und Intensität ihres Schmerzes und die möglichen Ursachen.

Versuchen Sie Ihre Anatomie und Beschwerden zu verstehen, Ihre Beschwerden in Worte zu fassen und greifen Sie so gut es geht dem Therapeuten bei der Behandlung unter die Arme.“

Ein gut ausgeprägtes Körpergefühl ist meiner Meinung nach der entscheidendste Faktor, den jeder Patient selbst in der Hand hat und der in meiner eigenen Erfahrung den Unterschied ausmacht, ob die Therapie erfolgreich ist und lange anhält oder die Beschwerden immer wiederkehren.

Der menschliche Körper hat in meiner Ansicht ein unglaubliches Selbstheilungspotenzial, es erfordert nur Arbeit, sich mit seinem Körper so gut es geht auseinander zu setzen, ihn kennen und fühlen zu lernen und auch ehrlich zu sich selbst zu sein. Der Großteil der körperlichen Beschwerden ist auf ein mangelndes Körperbewusstsein zurückzuführen, aber auch auf Lebensumstände, Gewohnheiten und emotionale und psychische Belastungen.

Deswegen Regel Nummer 3:

„Werfen Sie einen genauen Blick auf Ihre tägliche Bewegung, Ihre Ernährung, Ihren Schlaf/Ihr Bett, Ihren Arbeitsplatz (physisch und psychisch) und derzeitige und vergangene emotionale/psychische „Vorkommnisse“. Womöglich sind Ihre körperlichen Beschwerden nur eine Manifestation anderer Probleme in Ihrem Leben, sie sind unser „Lehrmeister“ wie manche es bezeichnen.“

Wie oft habe ich Halswirbelsäulen- und Rückenpatienten mit enormem Stress am Arbeitsplatz betreut. Oder Schulter- und Nackenpatienten mit einer enormen Verantwortung, z.B. der Pflege eines kranken Familienmitglieds: „Die Last wiegt schwer auf meinen Schultern.“ Manches im Leben können wir ändern, wie einen Arbeitsplatz, der einfach nicht zu uns passt, manches aber nicht. Dann müssen wir damit umgehen lernen oder daran wachsen, deswegen der Lehrmeister.

Natürlich sind akute Verletzungen beispielsweise beim Sport und längst nicht alle Schmerzen auf derartige Dinge zurückzuführen, aber wer weiß, vielleicht doch mehr als wir denken. Viele Patienten lernen erst in der Heilungsphase die ach so schwierige „Geduld“ oder merken, wie sehr Sie Ihren Körper geschunden haben, was sich schlussendlich vielleicht in einem Skiunfall und der nachfolgenden, aufgezwungenen „Entschleunigung“ während der Therapiephase geäußert hat.

Zuletzt möchte ich noch die Regel der Zuversicht und des Selbstvertrauens betonen:

„Je überzeugter ein Patient ist, seine Beschwerden in den Griff zu bekommen und Herr über seinen Körper zu sein, desto wahrscheinlicher ist die Heilung.“

Natürlich darf so etwas nicht in Verdrängung abgleiten, bei dem alle Schmerzen ignoriert werden nach dem Motto: „Ach, das geht schon wieder weg, nicht so schlimm!“


Aber ein gesundes Maß an Überzeugung, dass man die Oberhand über seine Gesundheit hat, selbst dafür verantwortlich ist und „schon alles gut gehen wird“ unterstützt erstens die Psyche (frei nach Karl Valentin: „Wenn´s regnet bin ich glücklich. Weil, wenn ich nicht glücklich bin, regnet´s trotzdem.“) und zweitens fördert es meiner Erfahrung nach auch die Heilung der Beschwerden oder ermöglicht zumindest ein vernünftiges Weiterleben damit.

Egal ob es ein Art Placebo Effekt ist, den man gerne hinnehmen sollte, oder ein anderer unbekannter Wirkungsmechanismus - es hilft.

Zum Schluss sei noch darauf verwiesen, dass diese ganzen Punkte natürlich erst so richtig zum Tragen kommen sollen, wenn ernsthafte gesundheitliche Risiken und Erkrankungen von einem Arzt ausgeschlossen wurden. Manches muss einfach herkömmlich schulmedizinisch behandelt werden, alles andere wäre ethisch nicht vertretbar. Aber das Bewusstsein neuen Ansätzen gegenüber zumindest ein wenig zu öffnen ist meiner Meinung nach nie verkehrt.

Machen Sie´s gut!

Ihr Nick – painless-fit.com

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